Mittwoch, 23. März 2016

von Fashionistas und Schottenröcken im Petersdom

Ein Wochenende kontrastreich wie kein anderes. An einem Tag gratis Cocktails auf einem Showcase während der Mailänder Fashion-Week. Am anderen Tag bei der Besichtigung des Vatikans dann der Hinweis, dass Caps in einem Gotteshaus unerwünscht sind. Echte Schotten tragen übrigens nichts unter ihrem Kilt. Aber mal ganz von vorn. 

Am Donnerstag, den 25.02, ist meine Freundin Julia aus Deutschland, die ich seit über 1 1/2 Jahren nicht mehr gesehen habe (Terminkollision ihrer Rückkehr aus Uganda und meines Aufbruchs nach Italien), in Mailand angekommen. Nachdem ich mit viel Vorfreude in den Tag gestartet bin, da a.) mein Kind nach einer hartnäckigen Grippe endlich wieder in den Kindergarten konnte und b.) da ich besagte Julia am selbigen Tag wiedersehen würde, trübte ein Unfall meine Stimmung am Nachmittag. Wir waren noch nicht ein mal zur Wohnungstür hinein geschritten, als Kind über seine eigene Füße und mit dem Kopf gegen einen antiken Kerzenständer aus Stein fiel. Da Kind üblicherweise ein sehr außergewöhnlich geringes Schmerzempfinden hat, hat die Tatsache, das Kind nach dem Sturz weinend auf dem Boden liegen blieb, mich augenblicklich verwundert. Als ich Kind dann aufhob und in sein Gesicht sah, wurde die Verwunderung zum Schock und der Schock zur Panik. Die Platzwunde über der rechten Augenbraue war neu. Es ist nicht lange her, dass ich einen Bericht über Systemizer (reagieren in Notsituation zielorientiert, konstruktiv und strukturiert) und Empathizer (geraten in Panik und sind nicht zu strukturiertem Handeln fähig) im Fernsehen gesehen habe. Dank des Unfalls kann ich mich nun zweifellos letzterer Kategorie zuordnen. Da wir in Italien waren, konnte der Arzt, den ich zunächst aufsuchte, das Kind natürlich nicht behandeln und so wurden wir nach viel Unentschlossenheit dazu angehalten, ein Taxi zu einem Krankenhaus zu nehmen, vor dem der Vater des Kindes schon auf uns wartete. Lange Rede, kurzer Sinn: Julia musste lange ohne Akku und mit viel Unsicherheit (sorry, sorry, sorry!) vor meiner Haustür warten. Aber letztendlich haben wir uns die Wiedersehensfreude nicht nehmen lassen und sind noch am selben Abend auf das bereits angesprochene Showcase gegangen. Da eine gute Freundin von mir hier in Mailand am Instituto Marangoni studiert, welches zu den renommiertesten Modeschulen der Welt gehört, standen wir auf der Gästeliste. Schon am Eingang wurden wir gefragt, ob wir „Blogger“ oder „Buyer“ seien und schnell wurde uns klar, dass wir mit unserer tatsächlichen Identität nicht besonders weit kommen würden. So wurden wir mit einer dreisten Lüge in Sekundenschnelle zu angesagten, deutschen Fashion-Bloggern. Die vielen neuen Designer, die ihre Kollektionen zur Schau stellten, hofften auf unserer positives Feedback und erklärten uns bis ins kleinste Detail Zweck und Inspiration ihrer Kollektion. Ebenso ist unseren Adleraugen nicht entgangen, dass es an der Bar kostenlose Cocktails zu holen gab. Mit 10 Euro in der Tasche zur High-Society gehören; in Mailand ist das möglich. Doch ehe wir den Boden des Glases sehen konnten, wurde uns klar, dass wir zwischen Models und Designern, Bloggern und Einkäufern, die ihren Turban aus „London Soho“ haben (eh von H&M), fehl am Platz sind. Wir gingen nach Hause und sparten unsere Energie für die Fahrt nach Rom auf, die am nächsten Tag beginnen würde. 

Während Julia freitags über Tag noch Mailand erkundete, kümmerte ich mich um den Verwundeten. Um 21:30 verließ unser Nachtbus dann die Busstation in Mailand und chauffierte uns für 19,99 Euro nach Rom (www.megabus.com). Viele Hitzewellen, Positionswechseln von ungemütlich zu ungemütlich und Nervenzusammenbrüchen später, sind wir dann auch tatsächlich in Rom angekommen. Der Bus war zwar definitiv die billigste Möglichkeit, von Mailand nach Rom zu kommen. Dennoch würde ich den Reiselustigen von euch empfehlen, sich Gedanken zu machen, ob das Zug- und Flugticket den Mehrkostenaufwand nicht doch wert ist oder ob man einen Bus über Tag nimmt. Auf den ersten Blick scheint die Busfahrt dann zwar verlorene Zeit zu sein, allerdings kann man seine Reise dann ausgeruht und entspannt starten. Sichtlich geschadet von der anstrengenden Reise wurde unsere riesige Gruppe (ein Großteil meiner Clique in Mailand) in zwei Lager gespalten. Die Tapferen, darunter auch Julia, machten sich direkt nach der Ankunft im Hostel („Sunshine Hostel Rom“ über www.hostelworld.com) auf in die Schlacht gegen die Unwissenheit über die reiche Kultur Roms und besichtigten einige der vielen Denkmäler. Andere, darunter ich, entschieden sich für ein kurzes Nickerchen, um genug Energie für den Tag zu tanken. Das Hostel ist für größere Gruppen empfehlenswert. Da es sich um ein eher kleines, sehr familiäres Hostel handelt, waren wir die einzigen Gäste und es fühlte sich an, als hätten wir eine große Wohnung nur für uns gemietet, was ziemlich cool war. Gegen Mittag trafen sich dann alle in einem schottischen Pub, denn der Hauptgrund für den Trip nach Rom war für viele meiner Freunde nicht etwa das Pantheon oder das Kolosseum, sondern das Rugby-Länderspiel der schottischen Nationalmannschaft gegen die Italienische. Das Angebot, mitzukommen, hatten Julia und ich bereits im Vorfeld abgeschlagen, sodass wir genug Zeit hatten, neben den Überresten der Geschichte Roms, auch viele, kleine Seitenstraßen zu erkunden. Es lohnt sich in Rom definitiv, auch mal die Karte beiseite zu legen und einfach ein wenig umherzuwandern. So trifft man auf viele atmosphärische Gassen und Wege, die nicht unbedingt als Attraktionen Roms auf der Karte verzeichnet sind, aber dennoch den italienischen Charme spürbar machen. An dieser Stelle ließe sich noch ausführen, was wir alles besichtigt haben. Ich glaube aber, da weiß jeder herkömmliche Reiseführer besser Bescheid als wir. Abends haben wir dann meine restlichen Freunde wieder in der Bar getroffen, wo uns dann auch auch unfreiwillig das Klischee bestätigt wurde, dass ein echter Schotte nichts unter seinem Kilt trägt. Nach noch ein bisschen Feierei fielen wir dann alle todmüde ins Bett und wachten Sonntag, bereit für mehr Erkundungstouren, auf. 

Wenn ihr vorhabt, nach Rom zu reisen und wisst, dass ihr das Kolosseum besichtigen wollt, lohnt es sich die Eintrittskarten online zu kaufen. Uns kam die Idee erst als wir da waren und so haben wir unsere Handys genutzt, um durch den Online-Kauf, an der langen Schlange vorbei gehen zu dürfen. Das spart Zeit, Nerven und Fußschmerzen. Nach ein paar weiteren typischen Touristenzielen, haben wir dann abends noch gemeinsam in einem asiatischen All-you-can-eat-Restaurant gegessen (Btw: in Mailand kann man im „Kobe“ nahe der „Colonne di st. Lorenzo“ unglaublich gut asiatisch essen. Das Mittagsmenü kostet 12 Euro und man kann so viel von der Karte bestellen, wie man will). Danach haben Julia und ich uns für unbestimmte Zeit verabschiedet. Ich bin aber ziemlich zuversichtlich, dass es weniger als 1 1/2 Jahre werden. So ging es dann im stinkenden, warmen und ungemütlichen Bus wieder zurück nach Mailand. Julia ist noch länger in Rom geblieben. Was sie da so erlebt hat, könnt ihr sicher bald auf ihrem Blog (www.kleenebloggt.blogspot.com) erlesen. Wenn ihr Interesse habt, solltet ihr auf jeden Fall auch noch auf ihrem Blog über ihre Zeit in Uganda (www.juuganda.blogspot.com) vorbeischauen und über unglaublich gut geschriebene Erzählungen aus der Ferne staunen.

Allgemein läuft mein Leben in Mailand gerade ziemlich gut ab. Fast den ganzen März hatte ich frei, da mein Schützling mit seinen Großeltern am Meer ein wenig Sonne tankt. So hatte ich die Möglichkeit für eine Woche nach Hause zu fliegen, um meine Familie und Freunde zu sehen. Zurück in Mailand habe ich mich an meinem B1-Italienisch-Examen versucht. Mittlerweile bin ich schon stolzer Besitzer eines B1-Diploms, sodass ich jetzt meinen letzten Kurs auf B2-Niveau beginnen werde. Ich hab, wie immer, viel Besuch und erwarte in Zukunft noch mehr. Ab Freitag begebe ich mich über das Osterwochenende für einen Road-Trip nach Südfrankreich (Cannes - Nizza - St. Tropez). Darüber könnt ihr hoffentlich bald pünktlicher lesen, als über die Reise nach Rom. Da ich ständig Beschwerden zu hören bekomme, was für ein unzuverlässiger Blogger ich doch sei (Ja, ich gebe euch recht), kann ich euch vielleichte einige von euch mit meinem Instagram-Account besänftigten: "hennyschlt". Eigentlich bin aber ich ein fast genauso schlechter Instagrammer.

Bis bald (mehr oder weniger..),
Henny! 

Hier noch einige Fotos von Rom und vom Showcase: 






Freitag, 8. Januar 2016

SURPRISE SURPRISE

ein kerniges, norddeutsches "Moin!"

Ich schreibe dieses mal aus einer anderen Umgebung, aus einer sehr ungewohnt gewohnten Umgebung: von zu Hause. Schon seit dem 22. Dezember laufen meine Füße wieder auf deutschem Boden aber ihnen war bisher weniger danach sich vor den Laptop zu bewegen, als in die Häuser aller meiner vermissten Freunde.
Schon am frühen Morgen des 22. Dezembers habe ich mit meiner Freundin Hannah das Haus verlassen. Daraufhin sind wir mit der Metro zum Zentralbahnhof, vom Bahnhof mit dem Bus zum Flughafen, vom Flughafen mit dem Flugzeug (oh Wunder!) zum deutschen Flughafen. Von da aus hat uns dann Hannahs Familie abgeholt und mich am Münsteraner Hauptbahnhof rausgelassen (Noch einmal vielen Dank, dass ihr das möglich gemacht habt!), sodass ich den Zug von Münster gen Heimat nehmen konnte. Warum so kompliziert? Für die, die es nicht wissen: Niemand wusste von meinem Heimatbesuch. Ich stand quasi als personifiziertes Weihnachtsgeschenk (nur ohne Schleifchen) am Abend einfach vor der Haustür: Überraschung. Dieser Abend war wie kein anderer. Die Zeit-Vorhaben-Relation war so gar nicht proportional. Trotzdem habe ich es geschafft, neben meiner Familie, noch ein paar weitere wichtige Leute zu überraschen. Tränen, Lachen, Fassungslosigkeit, Freude - Es war schön zu sehen, wie sehr sich meine Leute über meine Rückkehr gefreut haben! Davon gibt es auch einige Videos, die ich weiter unten eingefügt habe. 

In den letzten Wochen habe ich also ausnahmsweise mal nicht besonders viel gemacht: Ich war einfach mal wieder voll und ganz zu Hause. Habe die Zeit mit meiner Familie genossen, mit meinen Freunden rumgehangen, war mit meinem Hund spazieren, habe in meinem Bett geschlafen, unter meiner Dusche geduscht und genau das gemacht, was man macht wenn man zu Hause ist. Demnach gibt es schlichtweg auch nicht besonders viel zu berichten. Ich habe mich sehr auf das alles gefreut, was Jahre lang meine Gewohnheit war und das auch so gelebt wie immer. Ein bisschen hat diese unterschwellige Sehnsucht nach dem gewohnten Leben im Emsland mich vergessen lassen, warum ich damals eigentlich in die weite Welt aufgebrochen bin. Auch wenn mir die Zeit zu Hause wirklich sehr gut tut, ruft sie mir dennoch wieder genau diese Aspekte in Erinnerung. Somit freue ich mich auch schon etwas auf den 17. Januar, denn dann geht es wieder zurück in meine temporäre Wahlheimat, nach Mailand. 

Link zum Zusammenschnitt der Überraschungs-Videos: 

https://www.youtube.com/watch?v=NX7niuHsjfA&feature=youtu.be