Samstag, 17. Oktober 2015

das Leben in Mailand und der Besuch in München

Es sind nun zwei Monate rum und ich bin angekommen. Ich habe das Gefühl die Probleme des Einlebens mittlerweile überwunden zu haben und kann sagen, dass sich eine Routine eingependelt hat. Ich fühle mich zwar nicht so zu Hause wie zwischen Schafen und Kühen im Emsland, aber Mozarella und Gorgonzola geben sich größte Mühe ihre Produzenten zu ersetzen. 

Eine Sprachschule in Italien unterscheidet sich zu 500% von dem was ich mit dem Begriff Schule im deutschen Kontext assoziiere. Es gibt keine Klingel. Planmäßig fängt der Unterricht um 9:30 an. Tatsächlich trudel ich völlig gestresst, weil die Tram nicht kam und mein Herz mir wegen der Angst, zu spät zu kommen, schon bis zum Halse schlug, um 9:25 als Zweiter nach Shari (meine Mitschülerin aus Heidelberg, mit der ich mich super gut verstehe!) in den Klassenraum ein. Die übrigen 14 Schüler stehen wahrscheinlich noch unter der Dusche oder stecken in der morgendlichen mailändischen Rush-Hour fest. Wenn ich noch schnell zur Toilette gehe, treff’ ich unsere Kurslehrerin um etwa 9:29 in aller Seelenruhe vor dem Kaffeeautomaten an. Mit ihrem Espresso kommt die wirklich sehr nette und sympathische Frau in ihren 50ern dann, ein paar Minuten nachdem der Kurs offiziell schon begonnen hat, gelassen in den Raum, setzt sich auf ihren Stuhl und ordnet für einige Minuten den Papierkram und ihre Gedanken. Daraufhin fragt sie uns was wir am vergangenen Wochenende so getrieben haben. Da ich der einzige im Kurs bin, der nie italienisch gelernt hat, ist es besonders lustig, mich als erstes zu fragen. Mit meinem wirklich sehr überschaubaren Wortschatz konstruiere ich dann wirre Phrasen, die irgendwie etwas zum Ausdruck bringen, was halbwegs nach einem Wochenenderlebnis klingen könnte. Ich habe meinem Kurs auf diese Weise schon viele Lügen aufgetischt, einfach weil ich in der Eile nach Vokabeln schnappe, die ich kenne. Die Vokabeln, die ich bräuchte, um zu sagen, was ich wirklich sagen will, sind in meinem Gedächtnis leider noch nicht existent. So kommt es dazu, dass ich anstatt „Eigentlich mag ich das Meer, mich stört es manchmal nur, wenn es besonders salzig ist, dass man nicht tauchen kann und die Wunden höllisch brennen.“, Sachen wie „Ich hasse es im Meer zu baden, weil es dreckig ist!“ in den Raum werfe und den ein oder anderen fragenden Blick kassiere. Generell bin ich in meinem Kurs einer der schwächsten Schüler. Mir fällt im es im Gegensatz zu den Anderen auf meiner Niveaustufe durchaus schwer fließend zu sprechen und beim italienischen Hörverstehen alle Fragen richtig zu beantworten. Der erschwerende Faktor ist in der Tat, dass ich in meiner Gastfamilie beinahe ausschließlich englisch spreche. Für alle, die als Au-Pair eine neue Sprache lernen wollen: Schaut vorzugsweise nach Familien, mit dessen Kindern ihr in der Landessprache sprechen sollt. Kinder sind hervorragende Lehrer, sie reden einfach drauf los und lassen dich mit dem Lösen der Sprachbarriere alleine. Das mag in den ersten Wochen besonders schwer sein, aber schon nach ein oder zwei Monaten wirst du ihnen danken. Jedenfalls werd ich mich in der Zukunft wohl öfter mal wieder hinsetzen müssen und etwas italienisch pauken, für die Prüfungen im Dezember und für mich. Mein Traum, am Ende des Jahres relativ fließend italienisch zu sprechen fließt ehrlich gesagt allerdings zur Zeit etwas dahin. 

Das erste Oktoberwochenende hab ich in München verbracht. Flixbus und Airbnb haben trotz später Buchung und Hochsaison (letztes Wochenende des Oktoberfests) eine erschwingliche Möglichkeiten geboten, während meines Auslandsjahr in Italien als Deutscher, die deutsche Tradition kennenzulernen (Ja, das ist absurd, aber es war dennoch lustig). Dass Straßenschilder, Fahrpläne und Durchsagen am Bahnsteig plötzlich deutsch waren hat mich überraschender Weise eher wehmütig als wohlig gestimmt. München hat mich zu Hause vermissen lassen, weil das was mir fehlt, plötzlich sehr greifbar geworden ist. Insbesondere dass ich, weil wir zufälligerweise das gleiche Wochenende gebucht haben, noch eine meiner besten Freunde getroffen habe, hat die Situation etwas verschärft. Es war komisch zu wissen, dass sie am nächsten Tag mit dem Auto nach Hause fährt und mich rein theoretisch hätte mitnehmen können. Trotz allem saß ich dann einen Tag später im Bus nach Mailand und hab mich auch auf meine italienische Familie gefreut, mit der ich mich mittlerweile ziemlich gut verstehe. Obwohl ich meine amerikanischen Begleiter auf dem Oktoberfest verloren habe und quasi tagsüber allein auf der Wies’n war, hatte ich eine Menge Spaß. Ich hab so sehr coole Fremde kennengelernt, aus total verschiedenen Ländern. Fazit: Ich geh mal öfter alleine auf Feiern. Was ich definitiv empfehlen kann, ist der Flixbus! Das Reisen im Bus war wirklich sehr angenehm, sehr viel komfortabler und einfacher als Fliegen oder Autofahren. Obwohl viele sagen, dass es sehr viel zeitintensiver sei als Fliegen, würd’ ich das nicht bedingungslos unterstützen: Check-In und Check-Out, auf die Koffer warten und die üblicherweise leicht verspätete Start nehmen auch Zeit in Anspruch und so war für die ziemlich kurze Distanz von Mailand nach München (7 Stunden Busfahrt) der Bus wohl die schnellste, einfachste und billigste Lösung. 

Da ich letztes mal den Post mit einer Was-ich-vermiss-Liste geschlossen habe, kommt heute der entsprechende Counterpart.
Wofür es sich lohnt, in Mailand zu leben:
- Die Kehrseite der Unpünktlichkeit: Gelassenheit. Zum einen ist dir nie jemand böse, solltest du mal unpünktlich sein. Zum anderen warten Straßenbahnen und Buse auf dich, wenn sie bemerken, dass du versuchst, das Transportmittel noch zu bekommen. (Ich weiß, dass das für Deutsche kaum vorstellbar ist - „Wie soll das denn funktionieren?!“ - Ich hab keine Ahnung, aber es funktioniert. Mehr oder weniger.)
- Weltoffenheit: Während man in einem kleinen Dorf im beschaulichen Emsland schon mal für ein Piercing, einen Hut oder ein ungewöhnliches Paar Schuhe sehr schief angeguckt wird, könntest du hier im brasilianischen Salsa-Dress durch die Straßen schlendern. Der einzige Blick, den du kassierst, birgt vermutlich den Gedanken: „Woher sind nur diese coolen Sandalen?“.
- Transportwege: Obwohl ich das Autofahren zu Hause vermisse und ich es gewohnt war, dass es weder Straßenbahn noch U-Bahn gibt, kann man sich daran schnell gewöhnen. Während einer Party muss ich keinen Gedanken an „Wie komm ich eigentlich nach Hause?“ verschwenden. Ich muss weder meine Eltern anrufen, noch ein Taxi bezahlen. Die meisten Strecken kann ich laufen, mit der Tram oder dem Nachtbus bewältigen. Das hat aber auch damit zu tun, dass ich unglaublich zentral wohne. Einige meiner Freunde haben da weniger Glück. Tipp: Wenn ihr in eine fremde Stadt geht, seid euch sicher, dass ihr gut angebunden seid. Es ist sehr unschön, sich jedes mal den Kopf zu verbrechen oder am Ende sogar am Wochenende nicht rauszukommen, weil es keine Möglichkeit gibt, nach Hause zu kommen. In Mailand fahren beispielsweise nachts nur ausgewählte Metro- und Tramlinien. 
- Kulturenmix: Egal, wohin du in Mailand gehst, du triffst neben Italienern, Leute aus den fremdesten und fernsten Kulturen. Mein Freundeskreis ist hier sehr international und es macht so viel Spaß, sich mit Leuten über die Kultur, über die Sprache und alles mögliche auszutauschen. Das ist einer der Gründe, warum ich hier bin und ich bin sehr dankbar, so immer wieder darin erinnert zu werden. Dennoch tut es übrigens sehr gut, einige Freunde, wie Hannah aus Münster, zu haben, die wie ein kleines Stück Heimat sind. 

- Stadtleben: Nach 15 Minuten Fußweg, bin ich am Duomo. Für mich ist ALLES, was man braucht, zu Fuß zu erreichen. Wenn man sich dann vor Augen führt, dass ich zu Hause etwa 30 Minuten mit dem Auto zum nächsten H&M fahren muss, ist es verrückt, was ich hier für Möglichkeiten habe. Wenn ich mich dann dabei erwische, wie ich zu faul bin, einzukaufen, obwohl mich das nur 2 Minuten Fußweg kostet, zweifel ich oft an mir selbst. Aber man kann sich halt sehr schnell an Gegebenheiten gewöhnen ;-) 
Wie versprochen gibt es dann dieses mal noch ein paar Bilder. Diese sind auf den Terrassen des Doms entstanden. Ja, ich weiß, ich muss mehr Fotos machen. Bin da bei Instagram (hennyschlt) dann noch etwas aktiver.

Ciao,
Henny




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