Mittwoch, 23. März 2016

von Fashionistas und Schottenröcken im Petersdom

Ein Wochenende kontrastreich wie kein anderes. An einem Tag gratis Cocktails auf einem Showcase während der Mailänder Fashion-Week. Am anderen Tag bei der Besichtigung des Vatikans dann der Hinweis, dass Caps in einem Gotteshaus unerwünscht sind. Echte Schotten tragen übrigens nichts unter ihrem Kilt. Aber mal ganz von vorn. 

Am Donnerstag, den 25.02, ist meine Freundin Julia aus Deutschland, die ich seit über 1 1/2 Jahren nicht mehr gesehen habe (Terminkollision ihrer Rückkehr aus Uganda und meines Aufbruchs nach Italien), in Mailand angekommen. Nachdem ich mit viel Vorfreude in den Tag gestartet bin, da a.) mein Kind nach einer hartnäckigen Grippe endlich wieder in den Kindergarten konnte und b.) da ich besagte Julia am selbigen Tag wiedersehen würde, trübte ein Unfall meine Stimmung am Nachmittag. Wir waren noch nicht ein mal zur Wohnungstür hinein geschritten, als Kind über seine eigene Füße und mit dem Kopf gegen einen antiken Kerzenständer aus Stein fiel. Da Kind üblicherweise ein sehr außergewöhnlich geringes Schmerzempfinden hat, hat die Tatsache, das Kind nach dem Sturz weinend auf dem Boden liegen blieb, mich augenblicklich verwundert. Als ich Kind dann aufhob und in sein Gesicht sah, wurde die Verwunderung zum Schock und der Schock zur Panik. Die Platzwunde über der rechten Augenbraue war neu. Es ist nicht lange her, dass ich einen Bericht über Systemizer (reagieren in Notsituation zielorientiert, konstruktiv und strukturiert) und Empathizer (geraten in Panik und sind nicht zu strukturiertem Handeln fähig) im Fernsehen gesehen habe. Dank des Unfalls kann ich mich nun zweifellos letzterer Kategorie zuordnen. Da wir in Italien waren, konnte der Arzt, den ich zunächst aufsuchte, das Kind natürlich nicht behandeln und so wurden wir nach viel Unentschlossenheit dazu angehalten, ein Taxi zu einem Krankenhaus zu nehmen, vor dem der Vater des Kindes schon auf uns wartete. Lange Rede, kurzer Sinn: Julia musste lange ohne Akku und mit viel Unsicherheit (sorry, sorry, sorry!) vor meiner Haustür warten. Aber letztendlich haben wir uns die Wiedersehensfreude nicht nehmen lassen und sind noch am selben Abend auf das bereits angesprochene Showcase gegangen. Da eine gute Freundin von mir hier in Mailand am Instituto Marangoni studiert, welches zu den renommiertesten Modeschulen der Welt gehört, standen wir auf der Gästeliste. Schon am Eingang wurden wir gefragt, ob wir „Blogger“ oder „Buyer“ seien und schnell wurde uns klar, dass wir mit unserer tatsächlichen Identität nicht besonders weit kommen würden. So wurden wir mit einer dreisten Lüge in Sekundenschnelle zu angesagten, deutschen Fashion-Bloggern. Die vielen neuen Designer, die ihre Kollektionen zur Schau stellten, hofften auf unserer positives Feedback und erklärten uns bis ins kleinste Detail Zweck und Inspiration ihrer Kollektion. Ebenso ist unseren Adleraugen nicht entgangen, dass es an der Bar kostenlose Cocktails zu holen gab. Mit 10 Euro in der Tasche zur High-Society gehören; in Mailand ist das möglich. Doch ehe wir den Boden des Glases sehen konnten, wurde uns klar, dass wir zwischen Models und Designern, Bloggern und Einkäufern, die ihren Turban aus „London Soho“ haben (eh von H&M), fehl am Platz sind. Wir gingen nach Hause und sparten unsere Energie für die Fahrt nach Rom auf, die am nächsten Tag beginnen würde. 

Während Julia freitags über Tag noch Mailand erkundete, kümmerte ich mich um den Verwundeten. Um 21:30 verließ unser Nachtbus dann die Busstation in Mailand und chauffierte uns für 19,99 Euro nach Rom (www.megabus.com). Viele Hitzewellen, Positionswechseln von ungemütlich zu ungemütlich und Nervenzusammenbrüchen später, sind wir dann auch tatsächlich in Rom angekommen. Der Bus war zwar definitiv die billigste Möglichkeit, von Mailand nach Rom zu kommen. Dennoch würde ich den Reiselustigen von euch empfehlen, sich Gedanken zu machen, ob das Zug- und Flugticket den Mehrkostenaufwand nicht doch wert ist oder ob man einen Bus über Tag nimmt. Auf den ersten Blick scheint die Busfahrt dann zwar verlorene Zeit zu sein, allerdings kann man seine Reise dann ausgeruht und entspannt starten. Sichtlich geschadet von der anstrengenden Reise wurde unsere riesige Gruppe (ein Großteil meiner Clique in Mailand) in zwei Lager gespalten. Die Tapferen, darunter auch Julia, machten sich direkt nach der Ankunft im Hostel („Sunshine Hostel Rom“ über www.hostelworld.com) auf in die Schlacht gegen die Unwissenheit über die reiche Kultur Roms und besichtigten einige der vielen Denkmäler. Andere, darunter ich, entschieden sich für ein kurzes Nickerchen, um genug Energie für den Tag zu tanken. Das Hostel ist für größere Gruppen empfehlenswert. Da es sich um ein eher kleines, sehr familiäres Hostel handelt, waren wir die einzigen Gäste und es fühlte sich an, als hätten wir eine große Wohnung nur für uns gemietet, was ziemlich cool war. Gegen Mittag trafen sich dann alle in einem schottischen Pub, denn der Hauptgrund für den Trip nach Rom war für viele meiner Freunde nicht etwa das Pantheon oder das Kolosseum, sondern das Rugby-Länderspiel der schottischen Nationalmannschaft gegen die Italienische. Das Angebot, mitzukommen, hatten Julia und ich bereits im Vorfeld abgeschlagen, sodass wir genug Zeit hatten, neben den Überresten der Geschichte Roms, auch viele, kleine Seitenstraßen zu erkunden. Es lohnt sich in Rom definitiv, auch mal die Karte beiseite zu legen und einfach ein wenig umherzuwandern. So trifft man auf viele atmosphärische Gassen und Wege, die nicht unbedingt als Attraktionen Roms auf der Karte verzeichnet sind, aber dennoch den italienischen Charme spürbar machen. An dieser Stelle ließe sich noch ausführen, was wir alles besichtigt haben. Ich glaube aber, da weiß jeder herkömmliche Reiseführer besser Bescheid als wir. Abends haben wir dann meine restlichen Freunde wieder in der Bar getroffen, wo uns dann auch auch unfreiwillig das Klischee bestätigt wurde, dass ein echter Schotte nichts unter seinem Kilt trägt. Nach noch ein bisschen Feierei fielen wir dann alle todmüde ins Bett und wachten Sonntag, bereit für mehr Erkundungstouren, auf. 

Wenn ihr vorhabt, nach Rom zu reisen und wisst, dass ihr das Kolosseum besichtigen wollt, lohnt es sich die Eintrittskarten online zu kaufen. Uns kam die Idee erst als wir da waren und so haben wir unsere Handys genutzt, um durch den Online-Kauf, an der langen Schlange vorbei gehen zu dürfen. Das spart Zeit, Nerven und Fußschmerzen. Nach ein paar weiteren typischen Touristenzielen, haben wir dann abends noch gemeinsam in einem asiatischen All-you-can-eat-Restaurant gegessen (Btw: in Mailand kann man im „Kobe“ nahe der „Colonne di st. Lorenzo“ unglaublich gut asiatisch essen. Das Mittagsmenü kostet 12 Euro und man kann so viel von der Karte bestellen, wie man will). Danach haben Julia und ich uns für unbestimmte Zeit verabschiedet. Ich bin aber ziemlich zuversichtlich, dass es weniger als 1 1/2 Jahre werden. So ging es dann im stinkenden, warmen und ungemütlichen Bus wieder zurück nach Mailand. Julia ist noch länger in Rom geblieben. Was sie da so erlebt hat, könnt ihr sicher bald auf ihrem Blog (www.kleenebloggt.blogspot.com) erlesen. Wenn ihr Interesse habt, solltet ihr auf jeden Fall auch noch auf ihrem Blog über ihre Zeit in Uganda (www.juuganda.blogspot.com) vorbeischauen und über unglaublich gut geschriebene Erzählungen aus der Ferne staunen.

Allgemein läuft mein Leben in Mailand gerade ziemlich gut ab. Fast den ganzen März hatte ich frei, da mein Schützling mit seinen Großeltern am Meer ein wenig Sonne tankt. So hatte ich die Möglichkeit für eine Woche nach Hause zu fliegen, um meine Familie und Freunde zu sehen. Zurück in Mailand habe ich mich an meinem B1-Italienisch-Examen versucht. Mittlerweile bin ich schon stolzer Besitzer eines B1-Diploms, sodass ich jetzt meinen letzten Kurs auf B2-Niveau beginnen werde. Ich hab, wie immer, viel Besuch und erwarte in Zukunft noch mehr. Ab Freitag begebe ich mich über das Osterwochenende für einen Road-Trip nach Südfrankreich (Cannes - Nizza - St. Tropez). Darüber könnt ihr hoffentlich bald pünktlicher lesen, als über die Reise nach Rom. Da ich ständig Beschwerden zu hören bekomme, was für ein unzuverlässiger Blogger ich doch sei (Ja, ich gebe euch recht), kann ich euch vielleichte einige von euch mit meinem Instagram-Account besänftigten: "hennyschlt". Eigentlich bin aber ich ein fast genauso schlechter Instagrammer.

Bis bald (mehr oder weniger..),
Henny! 

Hier noch einige Fotos von Rom und vom Showcase: 






Freitag, 8. Januar 2016

SURPRISE SURPRISE

ein kerniges, norddeutsches "Moin!"

Ich schreibe dieses mal aus einer anderen Umgebung, aus einer sehr ungewohnt gewohnten Umgebung: von zu Hause. Schon seit dem 22. Dezember laufen meine Füße wieder auf deutschem Boden aber ihnen war bisher weniger danach sich vor den Laptop zu bewegen, als in die Häuser aller meiner vermissten Freunde.
Schon am frühen Morgen des 22. Dezembers habe ich mit meiner Freundin Hannah das Haus verlassen. Daraufhin sind wir mit der Metro zum Zentralbahnhof, vom Bahnhof mit dem Bus zum Flughafen, vom Flughafen mit dem Flugzeug (oh Wunder!) zum deutschen Flughafen. Von da aus hat uns dann Hannahs Familie abgeholt und mich am Münsteraner Hauptbahnhof rausgelassen (Noch einmal vielen Dank, dass ihr das möglich gemacht habt!), sodass ich den Zug von Münster gen Heimat nehmen konnte. Warum so kompliziert? Für die, die es nicht wissen: Niemand wusste von meinem Heimatbesuch. Ich stand quasi als personifiziertes Weihnachtsgeschenk (nur ohne Schleifchen) am Abend einfach vor der Haustür: Überraschung. Dieser Abend war wie kein anderer. Die Zeit-Vorhaben-Relation war so gar nicht proportional. Trotzdem habe ich es geschafft, neben meiner Familie, noch ein paar weitere wichtige Leute zu überraschen. Tränen, Lachen, Fassungslosigkeit, Freude - Es war schön zu sehen, wie sehr sich meine Leute über meine Rückkehr gefreut haben! Davon gibt es auch einige Videos, die ich weiter unten eingefügt habe. 

In den letzten Wochen habe ich also ausnahmsweise mal nicht besonders viel gemacht: Ich war einfach mal wieder voll und ganz zu Hause. Habe die Zeit mit meiner Familie genossen, mit meinen Freunden rumgehangen, war mit meinem Hund spazieren, habe in meinem Bett geschlafen, unter meiner Dusche geduscht und genau das gemacht, was man macht wenn man zu Hause ist. Demnach gibt es schlichtweg auch nicht besonders viel zu berichten. Ich habe mich sehr auf das alles gefreut, was Jahre lang meine Gewohnheit war und das auch so gelebt wie immer. Ein bisschen hat diese unterschwellige Sehnsucht nach dem gewohnten Leben im Emsland mich vergessen lassen, warum ich damals eigentlich in die weite Welt aufgebrochen bin. Auch wenn mir die Zeit zu Hause wirklich sehr gut tut, ruft sie mir dennoch wieder genau diese Aspekte in Erinnerung. Somit freue ich mich auch schon etwas auf den 17. Januar, denn dann geht es wieder zurück in meine temporäre Wahlheimat, nach Mailand. 

Link zum Zusammenschnitt der Überraschungs-Videos: 

https://www.youtube.com/watch?v=NX7niuHsjfA&feature=youtu.be


Montag, 7. Dezember 2015

Erdbeerkuchen mit Mozzarella










Dieser Blogpost ist ein Erdbeerkuchen mit Mozzarella. Alles was ich euch jetzt erzähle, passt vorne und hinten nicht zusammen. Und dieser Blogpost ist schon viel zu lange im Ofen. Ich entschuldige mich für die unfassbar lange Wartezeit.
Langsam aber sicher wird es Zeit, mal wieder ein Lebenszeichen von sich zu geben. Dass ich mir für diesen Blogeintrag ein paar mehr Gedanken machen musste und nicht, wie sonst, einfach drauf los schreiben konnte, hat wohl auch zu meiner vehementen Prokrastination beigetragen. 
Ist man ein Jahr weg von zu Hause, von all seinen Verwandten und Bekannten, ist ein Besuch immer schön. Doch so schön die Zeit ist, so schwer ist auch der Abschied.
In den letzten Wochen hatte ich zahlreiche Gäste: meine Schwester und ihre Freundin, zwei Cousinen und dann noch fünf weiter Cousinen (Meine Gastmutter hat das mit: „Und da sag noch mal einer, die Italiener seien ein außerordentlich familiäres Volk“ kommentiert). Dann konnt ich auch noch meine Eltern und eine sehr gute Freundin in die Arme schließen und ihnen, wie auch den vorherigen Gästen, Mailand zeigen. Gerade das hat sich aber irgendwie etwas schwerer entpuppt, als zuvor erwartet. Kaum ging die „Führung“ durch meine aktuelle Wahlheimat los, versagte mein Gehirn dabei, meinen Beinen zu sagen, wohin es überhaupt gehen soll. Nachdenken. Was zeig ich eigentlich? Fragezeichen. 
Ich erlebe Mailand eher als Lifestyle-Stadt als als kulturelles Zentrum. Natürlich gibt es sicherlich das ein oder andere historisch bedeutende Gebäude und ein paar schöne, sehenswerte Ecken und Denkmäler, aber allem vorweg hat Mailand eben vorzugsweise Geschäfte, Restaurants und eine sehr lebhafte Partyszene zu bieten. Vielleicht spielt in diese Wahrnehmung auch ein bisschen das persönliche Interesse ein.  Da ich in den letzten Monaten nun ein wenig Insider-Wissen ergattern konnte, macht es mir besonders Spaß mit meinen Gästen ein wenig die Touristenebene zu verlassen und an Orte zu gehen, die nicht jeder der zahlreichen Wochenendgäste in Mailand zu sehen bekommt. Ich kann euch zwar weder sagen, wann der Dom errichtet wurde, noch habe ich eine Ahnung warum im Stadtzentrum ein sehr prunkvolles Schloss steht. Allerdings weiß ich, dass es bei Luca’s Bar an der Colonne di St. Lorenzo XL-Cocktails für 5 Euro gibt. 
Colonne di St. Lorenzo: Mitten zwischen dem Party-Distrikt Navigli und dem Mailänder Dom gibt es einen Platz auf dem insbesondere von Donnerstags bis Samstags aber auch an anderen Wochentagen unglaublich viele junge Leute trinken, singen, Gitarre spielen, sich unterhalten und neue Leute treffen. Wenn man die Mailänder Studenten und ihre Mentalität kennenlernen möchte, dann geht führt kein Weg um die Colonne herum. 
Mein Stadtviertel „Navigli“ ist das schönste in ganz Mailand und das des nächtlichen Treibens. Zwischen den bunten Fassaden trennt ein Kanal zwei Straßen voneinander, an denen sich Bar an Bar an Restaurant reiht. An einem Nebenkanal, etwas abseits vom Hauptgeschehen, befindet sich „Maya“, die einen sehr hervorragenden Aperitivo anbietet. Der Aperitivo ist eine Tradition in Norditalien. Man bezahlt 8 bis 12 Euro für einen Drink und ein All-you-can-eat-Buffet, das sich eigentlich auf Snacks begrenzen soll. Maya tischt neben Spaghetti mit Muscheln, Pizzabroten und diversen Salaten auch noch einen Schokobrunnen mit verschiedenen Obstsorten auf und bietet somit ein mehrgängiges Abendessen für einen unschlagbaren Preis.
Um günstig, aber lecker Pizza zu essen, empfehle ich euch das Restaurant „Fabbrica Pizzeria“, dass sich am Ende des Hauptkanals befindet und von innen den Charme einer umgebauten Fabrikhalle bietet. 
www.international-week.it ist eine Website, die über die Angebote diverser Clubs und Discos für internationale Studenten informiert. Egal zu welchem Wochentag, findet man so immer reduzierten Eintritt und günstige Drinks oder andere Angebote. Nicht vergessen: Du bist Student an der Bocconi und hast leider deinen Studentenausweis vergessen. 
Der Magnum Pleasure Store, direkt im Stadtzentrum, bietet eine Alternative zu all den anderen leckeren Eiscafés, in denen man originales italienisches Gelato genießen kann. Dort lässt sich nach individuellen Wünschen aus verschiedenen Zutaten, das ganz persönliche Magnum deines Herzens kreieren. Für die klassisch italienische Variante empfehle ich die Kette Cioccolati Italiani, dessen Filialen sich rund herum ums Stadtzentrum verteilen. 
Auf dem Weg von Navigli hin zum Duomo, an der Colonne vorbei, über die via Torino locken schon unzählbare Geschäfte mit den neusten Modetrends, die vor allem in Mailand im Handumdrehen auf der Straße getragen gesehen werden können. Um den Duomo herum gibt es dann jedes Geschäft noch mal in einer größeren Ausführung. Das lässt sich kaum übersehen. In einem nächsten Bericht werd ich noch ein bisschen mehr derartiges erzählen, aber für heute davon erst mal genug. Es gibt noch ein paar andere Infos.

„Henny, hier sind deine Schlüssel. Herzlichen Glückwunsch zur ersten eigenen Wohnung.“ - „Was?“. Ein herkömmlicher Abend am Tisch hielt einst vor dem Abendessen eine ungeglaubte, sehr sehnsüchtig erwartete Überraschung bereit. Ich wohne nun alleine (schon seit ein paar Wochen). Ich liebe es. Endlich kann ich Gäste willkommen heißen, einfach nur auf dem Sofa chillen, mit denen zusammen kochen und zu Abend essen und ich habe meine absoluten Freiheiten ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich mal etwas später nach Hause komme. Auch wenn die Haushälterin meiner Gastfamilie jeden Tag bei mir vorbei schaut, lern ich auch Verantwortung für meine eigenen vier Wände zu tragen. Ich genieße Mailand so wirklich in vollen Zügen.

Nach meinem Münchentrip, hab ich noch ein Wochenende in Verona verbracht und einen Tagestrip nach Trento (deutscher Name: Trient. Hab ich aber noch nie gehört) gemacht. Es fühlt sich in der Realität oft ein bisschen so an, als hätte es wenig Sinn gemacht, Mailand zu verlassen. Mailand ist Italiens Superlative. Die sehr europäische, moderne und populäre Stadt lässt im Grunde nichts vermissen. So kommt man auf einem sehr überschaubaren Weihnachtsmarkt in Trento an und es schießt einem die Frage durch den Kopf, warum man das grenzenlose Big-City-Life für 30 Euro und 3 Stunden Autofahrt verlassen hat. Nach ein bisschen Schlendern, fiel mir aber schnell wieder ein, dass es genau das war, was ich in Mailand vermisse: Überschaubarkeit und Behaglichkeit. Außerdem bin ich in Norditalien an der österreichischen Grenze auf einen sehr witzigen Dialekt gestoßen, der in seiner Sprachmelodie tatsächlich österreichischem Deutsch entspricht. Auch wenn Verona durch eine zweistündige Zugfahrt sehr gut an Mailand angebunden ist und dadurch die Übernachtung für uns nicht zwingend notwendig gewesen wäre, hab ich mich auch in dieser Stadt sehr wohl gefühlt. Es ist wirklich verrückt, dass ich aus einem 800-Einwohner Dorf stamme, und Meppen (30.000 Einwohner) schon als städtisch wahrgenommen habe. Wenn ich jetzt aus Mailand heraus nach Verona (250.000 Einwohner) fahre, komm ich mir vor wie auf einem kleinen Dörfchen. 


Heute gibt es ein paar Bilder vom Besuch meiner Schwester, von mir und Sophia (vor etwa einen Monat ist meine wirklich sehr gute Freundin wieder nach Mexiko geflogen) und aus Verona. Für den Fall, dass meine ehemalige Lehrerin Frau Wortelboer diesen Post lesen sollte: Ja, ich war an Juliet’s Balkon und habe sogar ihre Brust angefasst und damit Glück auf Lebenszeit erworbenen. Außerdem hieß unser Zimmer „Shakespeare“. Ich hab mich sehr an den Englischunterricht zurück erinnert gefühlt. 













Samstag, 17. Oktober 2015

das Leben in Mailand und der Besuch in München

Es sind nun zwei Monate rum und ich bin angekommen. Ich habe das Gefühl die Probleme des Einlebens mittlerweile überwunden zu haben und kann sagen, dass sich eine Routine eingependelt hat. Ich fühle mich zwar nicht so zu Hause wie zwischen Schafen und Kühen im Emsland, aber Mozarella und Gorgonzola geben sich größte Mühe ihre Produzenten zu ersetzen. 

Eine Sprachschule in Italien unterscheidet sich zu 500% von dem was ich mit dem Begriff Schule im deutschen Kontext assoziiere. Es gibt keine Klingel. Planmäßig fängt der Unterricht um 9:30 an. Tatsächlich trudel ich völlig gestresst, weil die Tram nicht kam und mein Herz mir wegen der Angst, zu spät zu kommen, schon bis zum Halse schlug, um 9:25 als Zweiter nach Shari (meine Mitschülerin aus Heidelberg, mit der ich mich super gut verstehe!) in den Klassenraum ein. Die übrigen 14 Schüler stehen wahrscheinlich noch unter der Dusche oder stecken in der morgendlichen mailändischen Rush-Hour fest. Wenn ich noch schnell zur Toilette gehe, treff’ ich unsere Kurslehrerin um etwa 9:29 in aller Seelenruhe vor dem Kaffeeautomaten an. Mit ihrem Espresso kommt die wirklich sehr nette und sympathische Frau in ihren 50ern dann, ein paar Minuten nachdem der Kurs offiziell schon begonnen hat, gelassen in den Raum, setzt sich auf ihren Stuhl und ordnet für einige Minuten den Papierkram und ihre Gedanken. Daraufhin fragt sie uns was wir am vergangenen Wochenende so getrieben haben. Da ich der einzige im Kurs bin, der nie italienisch gelernt hat, ist es besonders lustig, mich als erstes zu fragen. Mit meinem wirklich sehr überschaubaren Wortschatz konstruiere ich dann wirre Phrasen, die irgendwie etwas zum Ausdruck bringen, was halbwegs nach einem Wochenenderlebnis klingen könnte. Ich habe meinem Kurs auf diese Weise schon viele Lügen aufgetischt, einfach weil ich in der Eile nach Vokabeln schnappe, die ich kenne. Die Vokabeln, die ich bräuchte, um zu sagen, was ich wirklich sagen will, sind in meinem Gedächtnis leider noch nicht existent. So kommt es dazu, dass ich anstatt „Eigentlich mag ich das Meer, mich stört es manchmal nur, wenn es besonders salzig ist, dass man nicht tauchen kann und die Wunden höllisch brennen.“, Sachen wie „Ich hasse es im Meer zu baden, weil es dreckig ist!“ in den Raum werfe und den ein oder anderen fragenden Blick kassiere. Generell bin ich in meinem Kurs einer der schwächsten Schüler. Mir fällt im es im Gegensatz zu den Anderen auf meiner Niveaustufe durchaus schwer fließend zu sprechen und beim italienischen Hörverstehen alle Fragen richtig zu beantworten. Der erschwerende Faktor ist in der Tat, dass ich in meiner Gastfamilie beinahe ausschließlich englisch spreche. Für alle, die als Au-Pair eine neue Sprache lernen wollen: Schaut vorzugsweise nach Familien, mit dessen Kindern ihr in der Landessprache sprechen sollt. Kinder sind hervorragende Lehrer, sie reden einfach drauf los und lassen dich mit dem Lösen der Sprachbarriere alleine. Das mag in den ersten Wochen besonders schwer sein, aber schon nach ein oder zwei Monaten wirst du ihnen danken. Jedenfalls werd ich mich in der Zukunft wohl öfter mal wieder hinsetzen müssen und etwas italienisch pauken, für die Prüfungen im Dezember und für mich. Mein Traum, am Ende des Jahres relativ fließend italienisch zu sprechen fließt ehrlich gesagt allerdings zur Zeit etwas dahin. 

Das erste Oktoberwochenende hab ich in München verbracht. Flixbus und Airbnb haben trotz später Buchung und Hochsaison (letztes Wochenende des Oktoberfests) eine erschwingliche Möglichkeiten geboten, während meines Auslandsjahr in Italien als Deutscher, die deutsche Tradition kennenzulernen (Ja, das ist absurd, aber es war dennoch lustig). Dass Straßenschilder, Fahrpläne und Durchsagen am Bahnsteig plötzlich deutsch waren hat mich überraschender Weise eher wehmütig als wohlig gestimmt. München hat mich zu Hause vermissen lassen, weil das was mir fehlt, plötzlich sehr greifbar geworden ist. Insbesondere dass ich, weil wir zufälligerweise das gleiche Wochenende gebucht haben, noch eine meiner besten Freunde getroffen habe, hat die Situation etwas verschärft. Es war komisch zu wissen, dass sie am nächsten Tag mit dem Auto nach Hause fährt und mich rein theoretisch hätte mitnehmen können. Trotz allem saß ich dann einen Tag später im Bus nach Mailand und hab mich auch auf meine italienische Familie gefreut, mit der ich mich mittlerweile ziemlich gut verstehe. Obwohl ich meine amerikanischen Begleiter auf dem Oktoberfest verloren habe und quasi tagsüber allein auf der Wies’n war, hatte ich eine Menge Spaß. Ich hab so sehr coole Fremde kennengelernt, aus total verschiedenen Ländern. Fazit: Ich geh mal öfter alleine auf Feiern. Was ich definitiv empfehlen kann, ist der Flixbus! Das Reisen im Bus war wirklich sehr angenehm, sehr viel komfortabler und einfacher als Fliegen oder Autofahren. Obwohl viele sagen, dass es sehr viel zeitintensiver sei als Fliegen, würd’ ich das nicht bedingungslos unterstützen: Check-In und Check-Out, auf die Koffer warten und die üblicherweise leicht verspätete Start nehmen auch Zeit in Anspruch und so war für die ziemlich kurze Distanz von Mailand nach München (7 Stunden Busfahrt) der Bus wohl die schnellste, einfachste und billigste Lösung. 

Da ich letztes mal den Post mit einer Was-ich-vermiss-Liste geschlossen habe, kommt heute der entsprechende Counterpart.
Wofür es sich lohnt, in Mailand zu leben:
- Die Kehrseite der Unpünktlichkeit: Gelassenheit. Zum einen ist dir nie jemand böse, solltest du mal unpünktlich sein. Zum anderen warten Straßenbahnen und Buse auf dich, wenn sie bemerken, dass du versuchst, das Transportmittel noch zu bekommen. (Ich weiß, dass das für Deutsche kaum vorstellbar ist - „Wie soll das denn funktionieren?!“ - Ich hab keine Ahnung, aber es funktioniert. Mehr oder weniger.)
- Weltoffenheit: Während man in einem kleinen Dorf im beschaulichen Emsland schon mal für ein Piercing, einen Hut oder ein ungewöhnliches Paar Schuhe sehr schief angeguckt wird, könntest du hier im brasilianischen Salsa-Dress durch die Straßen schlendern. Der einzige Blick, den du kassierst, birgt vermutlich den Gedanken: „Woher sind nur diese coolen Sandalen?“.
- Transportwege: Obwohl ich das Autofahren zu Hause vermisse und ich es gewohnt war, dass es weder Straßenbahn noch U-Bahn gibt, kann man sich daran schnell gewöhnen. Während einer Party muss ich keinen Gedanken an „Wie komm ich eigentlich nach Hause?“ verschwenden. Ich muss weder meine Eltern anrufen, noch ein Taxi bezahlen. Die meisten Strecken kann ich laufen, mit der Tram oder dem Nachtbus bewältigen. Das hat aber auch damit zu tun, dass ich unglaublich zentral wohne. Einige meiner Freunde haben da weniger Glück. Tipp: Wenn ihr in eine fremde Stadt geht, seid euch sicher, dass ihr gut angebunden seid. Es ist sehr unschön, sich jedes mal den Kopf zu verbrechen oder am Ende sogar am Wochenende nicht rauszukommen, weil es keine Möglichkeit gibt, nach Hause zu kommen. In Mailand fahren beispielsweise nachts nur ausgewählte Metro- und Tramlinien. 
- Kulturenmix: Egal, wohin du in Mailand gehst, du triffst neben Italienern, Leute aus den fremdesten und fernsten Kulturen. Mein Freundeskreis ist hier sehr international und es macht so viel Spaß, sich mit Leuten über die Kultur, über die Sprache und alles mögliche auszutauschen. Das ist einer der Gründe, warum ich hier bin und ich bin sehr dankbar, so immer wieder darin erinnert zu werden. Dennoch tut es übrigens sehr gut, einige Freunde, wie Hannah aus Münster, zu haben, die wie ein kleines Stück Heimat sind. 

- Stadtleben: Nach 15 Minuten Fußweg, bin ich am Duomo. Für mich ist ALLES, was man braucht, zu Fuß zu erreichen. Wenn man sich dann vor Augen führt, dass ich zu Hause etwa 30 Minuten mit dem Auto zum nächsten H&M fahren muss, ist es verrückt, was ich hier für Möglichkeiten habe. Wenn ich mich dann dabei erwische, wie ich zu faul bin, einzukaufen, obwohl mich das nur 2 Minuten Fußweg kostet, zweifel ich oft an mir selbst. Aber man kann sich halt sehr schnell an Gegebenheiten gewöhnen ;-) 
Wie versprochen gibt es dann dieses mal noch ein paar Bilder. Diese sind auf den Terrassen des Doms entstanden. Ja, ich weiß, ich muss mehr Fotos machen. Bin da bei Instagram (hennyschlt) dann noch etwas aktiver.

Ciao,
Henny




Mittwoch, 23. September 2015

Warum ich mich so lange nicht gemeldet habe und was ich so vermisse!

Gerade koche ich Wasser in einem riesigen Topf auf dem Herd, um gleich ein heißes Bad zu nehmen. Mir ist das Wasser aus dem Wasserhahn hier einfach nicht warm genug. Manchmal sind es lächerliche Details, die einen daran erinnern, dass man nicht zu Hause ist. 
Ich habe mich lange nicht gemeldet. Mit meiner Zeit in Italien war die Pünktlichkeit wohl die erste der deutschen Tugenden, die sich verabschiedet hat. Dennoch gilt: „besser spät als nie“ und so habe ich mir endlich die Zeit genommen, euch einen Zwischenbericht von meiner bisherigen Zeit in Mailand abzufassen. Nachdem ich sehr harte erste zwei Wochen hatte, ist nun seit letztem Donnerstag der langersehnte Alltag eingekehrt. Dass mir die ersten zwei Wochen beinahe sämtlichen Nerv geraubt haben, ist vor allem darin begründet, dass ich mich vom frühen Morgen bis zum späten Abend tagtäglich um den Kleinen gekümmert habe. Die Kita, in die er seit diesem Sommer geht, schmeißt gerne mal spontan am Morgen alle Pläne durcheinander und verlängert die Eingewöhnungsphase ohne Absprache um noch einen Tag. So kam es dazu, dass ich ihn mal um 11, mal um 12, mal um 13 anstatt um 16 Uhr abholen musste und folglich sämtliche Pläne canceln durfte. Die ganze Situation hat mich kaum mal aufatmen lassen und da noch gewisse weitere Faktoren das Einleben etwas erschwert haben, habe ich mir ans Herz gefasst und das Gespräch mit meiner Gastmutter gesucht. Die Entscheidung, ihr kundzutun, was mich stört, war die beste, die ich seit Langem getroffen habe. Schon am nächsten Tag ging mir alles leichter von der Hand. Ich hab mich tatsächlich gefühlt, als sei mir mit den Worten ein Stein vom Herzen gefallen und im Gespräch hab ich dann alles von einer neuen Perspektive sehen können und seitdem mir die ganze Familiensituation viel transparenter erscheint, kann ich meine Rolle in der Familie mit viel mehr Verständnis und Bestimmtheit wahrnehmen. Ich kann also jedem, der sich in einer ähnlichen Situation befindet, vor allem jedem Au-Pair oder zukünftigem Au-Pair ans Herz legen: Sagt, was euch stört und verbietet euch nicht selber den Mund. Es gibt immer eine Lösung, aber nur wenn allen Beteiligten das Problem bewusst ist. Letztendlich ist dann wenig später auch wirklich der Alltag eingekehrt (Nachdem meine Gastmutter sich in der sündhaft teuren Kindertagesstätte mit Nachdruck über das Chaos beschwert hat und ihr dann gesagt wurde, ich hätte aufgrund meiner weniger profunden Italienischkenntnisse alles missverstanden; die Eingewöhnungsphase sei ab dem Folgetag beendet - ACHSO! Dass „presto“ nicht „morgen“ bedeutet, krieg’ ich gerade noch auf die Reihe!) und ich beginne mich in Mailand richtig einzuleben. Momentan bin ich viel mit Freunden raus. Wir verbringen tolle Abende und Nachmittage. Es lässt sich mit Leuten aus fremden Kulturen in einer fremden Kultur so unglaublich viel Spaß haben, dass ich oft genug denke, ich möchte diese Abende nie wieder hergeben müssen. Mein Englisch hat sich jetzt schon krass verbessert und das obwohl man in Italien italienisch spricht. Der Grund ist, dass man immer mit Leuten zusammenkommt, die aus anderen Ecken der Welt kommen (Ich finde hier auch kaum deutsche Au-Pairs, obwohl ich weiß, dass es viele davon gibt) und da wird verständlicherweise auf Englisch kommuniziert. Viele von den Leuten sind zudem englische Muttersprachler. Es ist meiner Meinung nach, wenn man hinauszieht, um eine Sprache zu lernen, sehr viel empfehlenswerter in ein nicht-englischsprachiges Land zu gehen: Englisch sprechen und verbessern wir sowieso. Englisch ist die wohl einfachste Sprache der Welt. Englisch haben wir schon jahrelang intensiv gelernt. Da ich momentan so viel unterwegs bin, gibt es viel weniger Zeit, sich abends hinzusetzen und italienisch zu lernen. Das habe ich in den ersten vier Wochen im Urlaub viele Stunden gemacht. Ich bin ohne jegliche Sprachkenntnisse hierhin gekommen und kann nun schon ein bisschen kommunizieren, vor allem das Verstehen der Fremdsprache geht unglaublich schnell voran. Wenn man sich in der Sprachschule einschreiben will, ist ein Sprachtest obligatorisch: Ich hatte erwartet, ich würde Level 0 zugeordnet. Jahrelanger Französischunterricht und Grammatikpauken hatte aber einen anderen Effekt. Mit etwas Angst und einem mulmigen Gefühl im Bauch fängt für mich Freitag nun der Sprachkurs auf einem meiner Meinung nach viel zu hohen Niveau an. Ich hoffe, dass ich daran nicht kläglich scheitern werde. 

Nach meiner Zeit hier kann ich schon einige Dinge listen, die ich hier in Italien unheimlich vermisse:
- mit ein paar Freunden mit dem Auto irgendwo hinfahren und Musik hören!
- Abende in Jogginghosen mit Freunden zu Hause! (kaum einem Au-Pair ist es gestattet Freunde zu Hause zu haben)
- leere Straßen und verlassene Feldwege zum Spazieren, Joggen oder einfach nur Rumhängen ganz ohne Großstadtrubel 
- Pünktlichkeit (Luisa (meine deutsche Freundin) und ich sind meist die einzigen die zum abgemachten Zeitpunkt aufkreuzen!)
- meine Freunde und meine Familie: Es lässt sich in wenigen Wochen nicht das ersetzen, was man über Jahre aufgebaut hat. 
- immer noch das gute deutsche Brot!
- Sport! - Wegen des ganzen Stresses habe ich es immer noch nicht geschafft, mich im Fitnessstudio anzumelden. Der Punkt wird aber bald abgehakt. 

Im nächsten Post lass ich euch dann mal wissen, was ich NICHT vermisse, beziehungsweise was mir hier besser gefällt. Und Bilder gibt es dann auch! 


A presto

Henny

Freitag, 4. September 2015

von langen ersten Tagen und (Vor)Freude

Ciao!

Vorgestern nachmittag sind wir nach einer fast vierstündigen Autofahrt im warmen, etwas stickigem aber sehr faszinierendem Mailand angekommen. Da ich meine Gastfamilie schon am Osterwochenende besucht habe, blieb die Überraschung, so eine schöne Wohnung mein neues zu Hause nennen zu dürfen, diesmal aus - dennoch ist alles immer noch sehr schön anzusehen. Auch der Ausblick aus dem Wohnzimmer und auch aus meinem Zimmer packt mich jedes mal auf’s Neue, aber bekanntlich sprechen Bilder mehr als tausend Worte und so lass ich euch mal virtuell durch meine Augen sehen. Ich muss im Großen und Ganzen zugegeben, dass mich so eine Großstadt noch etwas überfordert und ich zweifle schon etwas daran, dass ich nach einem Jahr immer noch sagen werde, ich sei ein absoluter Großstadttyp. Ihr könnt behaupten, ich spinne, aber wenn ich meinen Kopf hier aus dem Fenster stecke ist die Luft nur halb so frisch, wie im grünen Emsland. Eine Stadt zu besuchen und eine Stadt zu bewohnen sind, so glaube ich langsam, wohl zwei ganz verschiedene Paar Schuhe. 


bei Nacht

am Tag

Da ich jetzt langsam aber sicher ein alltäglicheres und geregelteres Leben leben werde, als es in Cervia der Fall war, hab ich mich dazu entschieden, der Situation etwas Zeit zu geben. Ich habe gestern zufälligerweise meiner Gastmutter deutlich machen können, dass ich ein totaler Familienmensch bin und dieses Zugehörigkeitsgefühl für mich höchste Priorität hat. Ich hoffe, dass sich alles irgendwie einpendeln und arrangieren wird und ich darf gespannt sein, welche Bahnen mein Leben in Mailand einschlagen wird. Da ich es nun also weniger notwendig sehe, meiner Gastfamilie meine Sorgen kundzutun, ist dies erstmal vertagt. 

Vorgestern hat mich hier auch gleich ein Päckchen erwartet. Meine liebe Mama konnte es nicht lassen und versucht mich selbst aus der Ferne zu mästen. Tonnenweise Lebensmittel haben somit ihren Weg durch die Hände vieler Postbeamter aus verschiedenen Nationen gen Mailand gefunden. Darunter befand sich auch etwas Vollkornbrot. Mama, du scheinst wohl ein sehr aufmerksamer Leser zu sein. Außerdem sind mit dem Paket auch noch ein heiß-ersehntes Buch und warme Worte auf Papier übergekommen. Ich hab mich natürlich riesig gefreut.




Mein erster Tag ganz alleine mit dem Kleinen war lang. Um 9 Uhr sind wir mit meinen Gasteltern aus dem Haus und haben auswärts gefrühstückt - ein mit Marmelade gefülltes Croissant ist im Übrigen immer noch ein sehr ungewohnter Start in den Tag für mich. Dann sind meine Gasteltern typisch italienisch mit ihren Motorrollern zu ihren Arbeitsplätzen gefahren und ich bin mit Filippo in einen nahgelegenen Park. Dort waren wir auf einem Spielplatz, auf einem anderen Spielplatz, haben mit Seifenblasen, Bällen und Ästen gespielt, mit Straßenkreide die halben Spielplätze vollgemalt. Mit seinem magischen Regenschirm ist mein Schützling mit Marry-Poppins-Tick dann auf meinem Arm noch durch den ganzen Park geflogen und wir sind noch ein gutes Stück spazieren gewesen. Dann waren wir zu Hause, haben mit seinen vielen Spielsachen gespielt und abertausende verschiedene Dinge gemacht. Als ich dann nach der Uhrzeit geguckt habe, dachte ich mein Handy sei kaputt. Ich wischte nach rechts - „Touch ID o inserisci codice“ (Ja, ich hab mein Handy auf italienisch gestellt :D) - das Handy funktionierte - die Erkenntnis: Nein, die Uhr ist nicht stehen geblieben. Es war tatsächlich erst 12 Uhr. Also: weiter spielen, belustigen, malen, basteln, essen, malen, basteln, spielen, belustigen. Nach seinem Mittagsschlaf von 14:30 bis 17:00 Uhr hatte ich dann noch etwa zwei Stunden mit ihm bevor seine Mutter dann nach Hause kam. Der heutige Tag war ähnlich. Weil ganze Tage mit einem Kleinkind wirklich anstrengend sein können (Mein Respekt an alle Mütter an dieser Stelle!), bin ich froh, dass nächsten Mittwoch der Kindergarten wieder los geht. Ab dann geht der Kleine in einen Montessori-Kindergarten. Ich weiß nicht, ob ihr davon schon mal gehört habt, aber bei der Montessoripädagogik handelt es sich um ein etwas alternatives Konzept, in dem zunehmend auf eine selbständigere, autonome Entwicklung des Kindes gesetzt wird. Wenn ihr euch für so was interessiert, solltet ihr da unbedingt mal reinlesen. Ich bin gespannt, ob die Erziehungsmaßnahmen ihre Früchte tragen werden. Heute Abend freue ich mich sehr darauf endlich mit einigen anderen Au-Pairs auszugehen: Die Au-Pairs, mit denen ich schon in Kontakt bin und mit denen ich mich zumindest über WhatsApp wirklich sehr gut verstehe, kommen auch. Ich denke, es wird gut, aber ihr werdet sicherlich noch davon hören. 

Sonntag, 30. August 2015

Das Ende eines schönen Sommers und was im Herbst hoffentlich besser läuft.

Ciao! 

Vielleicht hat sich der ein oder andere bisher etwas gewundert, warum ich mich so lange nicht gemeldet habe. Nun ja, es gibt ehrlich gesagt nicht außergewöhnlich viel zu berichten. Die Tage in Cervia bestehen immer noch aus Strandbesuchen, Essen und daraus, mit dem zu Kind spielen. Das Essen ist immer noch lecker, aber gewöhnungsbedürftig. An den Dogmen des Käsekodexes wird weiter gearbeitet (In einigen stillen, unbeobachteten Momenten breche ich ihn aber heimlich). Ich warte immer noch sehnsüchtig auf die Zeit in Mailand. Momentan ist meine einzige Freundin eine etwa 60-jährige Dame, die am Strand die Liege vor uns besetzt und mit der ich mich regelmäßig in einem Mix aus französisch, italienisch, englisch und ein bisschen deutsch unterhalte. Alles ist also soweit beim Alten und am Abend, wenn der Strand leer ist und ich an der Küste spazieren gehe, genieße ich die erholsamen, sehr ruhigen Tage am Meer besonders. Cervia ist wirklich ein beeindruckender, schöner und sehr zu empfehlender Ort an der Adria - Wer noch was für den nächsten Urlaub sucht, zögere nicht! Dennoch möchte ich ein mal kurz die durch Sonnenstrahlen und Meereswellen rosa-rot gefärbte Brille abnehmen und die Zeit etwas kritischer durchleuchten.  
Meine Zeit in Cervia neigt sich dem Ende zu - Donnerstag geht es nach Mailand.
Somit hab ich nun ein paar Wochen mit meiner Gastfamilie oder besser gesagt, hin und wieder mit Teilen der Familie, je nachdem wer gerade da war, verbringen können. So langsam festigt sich in meinem Kopf also ein erstes Urteil darüber, wie ich das Leben als Au-pair hier erlebe. 
Zugegebenermaßen ist nicht immer alles rosig und auch die Seiten, die man sich vielleicht anders ausgemalt hat, sollte ein solcher Blog doch hergeben. Sobald wir in Mailand sind, und damit alle zusammen, werde ich mit meiner Gastfamilie über die Situation sprechen. Ich habe das Gefühl, dass die Rahmenbedingungen für ein Au-Pair in meiner Gastfamilie optimale Chancen bieten. Dabei spreche ich beispielsweise von einer sehr zentralen Wohnung in Mailand, davon, dass mir Sprachschule und Verkehrsticket gezahlt werden oder von wenigen Arbeitsstunden. Abgesehen von diesen Gegebenheiten, habe ich von Anfang an allerdings noch einen wesentlichen Anspruch an meinen Auslandsaufenthalt gestellt: Ich wollte spürbar in die Familie integriert werden und das Gefühl haben, mich nach einiger Zeit, zugehörig zu fühlen. Einige Situationen geben mir momentan einen eher gegenteiligen Eindruck: Ich fühl mich in meiner Familie kaum willkommen. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wo die Wurzeln des Problems liegen und wieso mir das Eingewöhnen nicht so gut gelingt. Da sich meine Familie bisher nicht danach erkundigt hat, wie es mir geht oder ob ich mit der Situation zufrieden bin, habe ich mich dazu entschlossen, sie zu fragen, ob sie mit mir zufrieden sind. Ich hoffe in diesem Gespräch in Mailand dann auch meine Anliegen deutlich machen zu können und herauszufinden, ob das alles vielleicht kulturell oder charakterlich bedingt ist, wir daran arbeiten können oder ob wir schlichtweg verschiedene Ansprüche an unser Miteinander gestellt haben. Ich bin gespannt. 

Außerdem möcht' ich ein mal auf diesem Wege allen ein ganz herzliches Dankeschön ausrichten, die an meinem Geburtstag egal auf welchem Wege an mich gedacht haben und mir ihre Glückwünsche mitgeteilt haben. Gerade an so einem Tag ist es natürlich komisch, all die Leute nicht zu sehen, mit denen man gerne gefeiert hätte. Dennoch habt ihr es geschafft, dass ich mich auch über die arg weite Entfernung gedrückt gefühlt habe: Vielen Dank.